florian schneider on 17 Jul 2000 13:18:51 -0000


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[rohrpost] nochmal muenchen... (veranstaltungstipp)


Je schneller Spitzentechnologie sich entwickelt, umso interessanter wird
das, was davon auf dem Müll landet, für die Kunst. So läßt sich das
Credo der "Redundant Technology Initiative" <http://www.lowtech.org>
zusammenfassen, die sich auf "Low-Tech" spezialisiert haben:
Technologie, die billig oder gar umsonst zu haben ist. In ihrem
"Low-Tech-Manifest", das die britische Küntlergruppe  1998 auf der
Next-Five-Minutes-Konferenz <http://www.n5m.org> in Amsterdam
präsentierte, heißt es programmatisch: "High-Tech bedeutet nicht
automatisch ein hohes Maß an Kreativität.  Manchmal führen gerade die
Beschränkungen eines Mediums zu wesentlich kreativeren Lösungen."

Um solche Strategien, die die gegenwärtige High-Tech-Hysterie
konterkarieren, soll es morgen abend im Literaturhaus gehen. Im Rahmen
der von Justin Hoffmann kuratierten Ausstellung "Low-Tech" sind einige
der profiliertesten Kritiker des Hypes um die jeweils allerneueste
Technologien zu einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung eingeladen:
James Wallbank, Koordinator der "Redundant Technology Initiative", die
Münchner Medientheoretikerin Silvia Bauer ("High hopes - Low tech und
die Grenzen des Geschlechts") und Steven Kurtz vom "Critical Art
Ensemble" <http://www.critical-art.net> aus Pittsburgh. 

Die fünfköpfige Gruppe beschäftigt sich seit langem  mit den
ästhetischen, politischen und sozialen Konsequenzen des High-Tech-Kultes
und machte mit gestochen scharfen Theorie-Kunst-Events auf vielen
wichtigen Konferenzen und Ausstellungen der 90er Jahre auf sich
aufmerksam. Gefeierte Errungenschaften vom Video-Rekorder bis hin zu
vielen Aspekten des Internet zeichnen sich laut Kurtz vor allem durch
ihre Nutzlosigkeit aus. Neutralisierter Gebrauchswert präge die
komplexen kapitalistischen Ökonomien und erinnere dabei an primitive
Rituale, bei denen wertvolle Gegenstände geopfert werden, um eine
verärgerte Gottheit milde zu stimmen.

Wie aus der Not eine Tugend gemacht werden kann und gerade völlig
veraltete Gerätschaft eine interessante künstlerische Herausforderungen
darstellen mag, kann Iska Jehl, die Leiterin der Medienwerkstatt an der
Kunst-Akademie sicherlich bestens erläutern. Jehl wird nach den drei
Vorträgen eine Podiumsdiskussion komplettieren, in der dann auch
praktische  Erfahrungen mit Low-Tech ausgetauscht werden sollen. Dass
die neueste Soft- und Hardware nur von immer kleineren Eliten besessen
und dann auch benutzt werden kann, ist schließlich alles andere als ein
rein theoretisches Problem.

Im Kunstraum (Goethestraße 34) sind herausragende Exponate in der
künstlerischen Beschäftigung mit Low-Tech aus den Sparten  Foto, Video,
Film und Computer noch bis zum 24. September zu sehen. 


LOW TECH

Dienstag, 18. Juli, 18 Uhr, 
Literaturhaus, Salvatorplatz 1, Forum, III. OG


Ablauf:
18:00	James Wallbank (Redundant Technology Initiative, 			Sheffield): To
you it's trash - to us it's power tool
19:00 	Silvia Bauer (Medientheoretikerin, München)
20:00 	Pause
20:30 	Steven Kurtz (Critical Art Ensemble, Pittsburgh): 		Sacrifice,
Uselessness, Obsolescence and Class 			
Privilege
21:30 	Podiumsdiskussion mit Silvia Bauer, Iska Jehl 			
(Leitung der Medienwerkstatt der Akademie der 			
Bildenden Künste München), Steven Kurtz, James 			
Wallbank; Moderation: Justin Hoffmann (Kurator des 		
Projekts "LowTech")

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